Sage


Ein Ritter von der Schauenburg erhoffte sich von seiner Gattin einen Sohn. Als er von der Jagd zurückkehrend die Nachricht erhielt, dass ihm eine Tochter geboren sei, erzürnte er gegen seine Gemahlin. Sie starb aus Kummer, und der Ritter übergab das Kind einer Magd und zog auf Ritterschaft in die weite Welt. Als er nach 20 Jahren auf die Schauenburg zurückkehrte, ließ er nach dem Mädchen forschen und forderte es auf, zu ihm auf die Schauenburg zu kommen und eine Ehe mit einem reichen Vetter einzugehen. Die Jungfer, unwissend ihrer adeligen Herkunft, hatte sich einem Müllersknecht verheiratet. Sie verließ nun heimlich ihren Gatten, um dem verlockenden Angebot ihres Vaters zu folgen. Nach einigen Jahren, als auf der Schauenburg ein großes Fest war, sah sie beim Tanzen ihren zufällig dorthin gekommenen ersten Gatten wieder und fiel tot um.

Seitdem erscheint sie alle 50 Jahre einem Wanderer und bittet um Erlösung. Er muss ihr einen Wunsch erfüllen oder nach drei Tagen sterben. Vor ungefähr 100 Tagen sei sie einem Hirtenbüblein begegnet. Sie zog einen zierlichen Schuh vom Fuße und deutet auf die Quelle, daß es ihr damit Wasser schöpfen sollte. Aber das Kind lief erschrocken den Berg hinab und starb nach drei Tagen an Fieber.

Ein alter Waldhüter erzählte uns, er habe die weiße Dame an einem schönen Sommermorgen durch die Burgwiesen wandern sehen in langem, weißen Schleppgewand, das "dicht von Tau genetzt war": Er habe ihr auf ihre Bitte höflich den Weg nach Oberkirch gezeigt. Da habe sie ihm ein Geldstück gegeben, das längst außer Kurs war und alsbald aus seiner Tasche verschwand. Die Holzhauer im Wald hatten aber niemanden herabkommen sehen und sagten zu ihm: "Du hast die weiße Dame gesehen und musst sterben". Er aber ist 80 Jahre alt geworden und glaubt, dass er sie erlöst habe.

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